
Vertrauen, Digitalisierung, Sicherheit: Gremium rät zu umfassender Staatsreform

Mehr Vertrauen gegenüber den Bürgern, ein entschlossener Fokus auf die Digitalisierung und eine moderne Sicherheitsarchitektur: Mit diesen Kerninhalten sollte nach den Vorstellungen eines Expertengremiums unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten eine umfassende Reform für einen "handlungsfähigen Staat" begonnen werden. Die Initiative präsentierte am Mittwoch ihren Zwischenbericht und legte insgesamt 30 Handlungsempfehlungen vor. Dabei warnten die Mitglieder vor einem Schaden für die Demokratie, sollte der Staat nicht handlungsfähiger werden.
"Wir wollen in den Maschinenraum des Staates", sagte der frühere Verfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle, eines der Mitglieder des Gremiums. Eine große Reform könne nur gelingen, wenn die Themen Bürokratie, Digitalisierung und Sozialreformen zusammengedacht würden. Gelinge es nicht, wieder einen handlungsfähigen Staat aufzustellen, gehe das Vertrauen in die Politik und politische Institutionen noch weiter zurück. Ex-Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) ergänzte, dann werde die nächste Bundestagswahl eine "Nagelprobe für unsere Demokratie".
Konkret forderte die Initiative zunächst eine auf Vertrauen basierende Verwaltung. Nötig seien weniger Berichts- und Dokumentationspflichten - wer aber das Vorschussvertrauen des Staates missbrauche, müsse "härtere Strafen" bekommen, führte die Medienmanagerin Julia Jäkel aus. Außerdem müsse der Staat die Digitalisierung sehr viel schneller vorantreiben, diese habe Deutschland "verschlafen". Dazu sei ein eigenes Ministerium nur für Digitalisierung und Verwaltung nötig.
"Wir müssen weniger und bessere Gesetze machen", sagte Voßkuhle weiterhin. Diese müssten schon im Gesetzgebungsprozess eine Reihe von Checks durchlaufen, etwa mit Blick auf Soziales, Klima und Bürokratie. Um Klarheit zu schaffen, müsse außerdem das "Zuständigkeitswirrwarr" zwischen Bund, Ländern und Kommunen aufgelöst werden, etwa bei der Bildung und bei Abschiebungen.
Im Sozialbereich setzt die Initiative darauf, die Zuständigkeit für alle Leistungen in einem Ministerium zu bündeln, einzelne Sozialleistungen zusammenzufassen und alle Leistungen über eine zentrale Plattform bereitzustellen. Bürgerinnen und Bürger sollen in Form von Räten stärker beteiligt werden.
Zugleich schlägt die Initiative auch eine allgemeine Dienstpflicht für alle vor. Das Pflichtjahr könne in sozialen oder kulturellen Einrichtungen, bei der Bundeswehr oder in Blaulichtorganisationen abgeleistet werden.
Beim Thema Sicherheit gehe es darum, den Staat an die neue Sicherheits- und Gefahrenlage weltweit anzupassen, fuhren die Experten fort. Dabei müsse der Bund die Zuständigkeit für den nationalen Katastrophenschutz erhalten und ein dauerhaftes nationales Krisenreaktionszentrum einrichten. Auch der Schutz vor Cyberangriffen sei derzeit "völlig ungenügend", heißt es in dem Bericht, hier müsse ebenfalls der Bund die Zuständigkeit erhalten. Der Begriff der Verteidigung müsse überarbeitet und militärische und zivile Verwaltung müssten zusammengeführt werden.
Die Initiative rief die Politik auch dazu auf, die Bürgerinnen und Bürger "so transparent wie möglich über die Vor- und Nachteile staatlicher Transformationen zu informieren". Sie müssten dem "Gerechtigkeitsempfinden" der Menschen Rechnung tragen.
E.Fritsch--BlnAP