
Baerbock appelliert vor zweitem Syrien-Besuch an Verantwortung der Übergangsregierung

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) ist am Donnerstag zu ihrer zweiten Reise nach Syrien seit dem Sturz von Machthaber Baschar al-Assad aufgebrochen. Angesichts einer massiven Welle der Gewalt im Westen des Landes verurteilte die Ministerin die "gezielte Tötung von Zivilisten" erneut scharf und appellierte an die Verantwortung der neuen Regierung des Übergangspräsidenten Ahmed al-Scharaa.
"Das Land zu befrieden, Keimzellen von Extremismus und Terrorismus weiter zu bekämpfen, den politischen Übergang entschieden voranzutreiben und den Menschen rasch wirtschaftliche Perspektiven zu bieten – das ist die Mammutaufgabe, vor der die syrische Übergangsregierung (...) steht", erklärte die Baerbock vor ihrem Abflug nach Damaskus. Zuvor hatte die Ministerin den Libanon besucht.
Die "entsetzlichen Gewaltausbrüche" in Syrien vor zwei Wochen hätten massives Vertrauen gekostet, sagte Baerbock mit Blick auf die schweren Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Assad-Anhängern, bei denen es nach Angaben von Aktivisten zu Massakern an Alawiten gekommen war, der religiösen Minderheit, der auch Assad angehört.
Die Übergangsregierung müsse "die Kontrolle über das Handeln der Gruppierungen in den eigenen Reihen haben und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen". Dafür seien eine funktionierende Übergangsjustiz und die Aufarbeitung der Verbrechen unter Assad nötig.
Gleichzeitig sicherte die Ministerin dem Land Unterstützung beim Wiederaufbau zu. "Wir wollen die Syrerinnen und Syrer gemeinsam mit unseren europäischen Partnern und den Vereinen Nationen unterstützen – beispielsweise mit 300 Millionen Euro für humanitäre Hilfe und den Zugang zu Bildung und psychosozialer Betreuung" sowie mit der schrittweisen Lockerung von Sanktionen.
Ein politischer Neuanfang zwischen Europa und Syrien, zwischen Deutschland und Syrien sei möglich, erklärte Baerbock. Dies sei aber mit klaren Erwartungen verbunden, "dass Freiheit, Sicherheit und Chancen in Syrien für alle Menschen gelten – für Frauen und Männer, für Angehörige aller Ethnien und Religionen".
Baerbock war bereits im Januar von al-Scharaa im Präsidentenpalast in Damaskus zu Gesprächen empfangen worden. Dabei hatte der islamistische Machthaber ihr den Handschlag verweigert.
I.Braun--BlnAP