
Angriffe auf Gazastreifen: Katz droht Hamas mit "Annexion" von Gebieten

Drei Tage nach der Wiederaufnahme der massiven israelischen Angriffe auf den Gazastreifen hat Israels Verteidigungsminister Israel Katz der Hamas mit der "Annexion" von Gebieten in dem Palästinensergebiet gedroht. "Je länger sich die Hamas weigert, die Geiseln freizulassen, desto mehr Gebiet wird sie verlieren, das dann von Israel annektiert wird", erklärte er. Die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens forderten indes eine sofortige Rückkehr zur Waffenruhe.
Israels Armee hatte am Dienstag die massivsten Luftangriffe im Gazastreifen seit Inkrafttreten einer Waffenruhe im Januar geflogen, am Mittwoch gab sie den Beginn eines neuen Bodeneinsatzes in dem Gebiet bekannt. Die Wiederaufnahme der Angriffe sei eine Reaktion auf "die wiederholte Weigerung der Hamas" die Geiseln freizulassen, hatte die Regierung erklärt.
Katz erklärte am Freitag, er habe den Streitkräften befohlen, "mehr Gebiete im Gazastreifen einzunehmen" und drohte mit einer "permanenten Besetzung" von "Pufferzonen" innerhalb des Gazastreifens. Damit bezog sich der Verteidigungsminister auf Pläne einiger Sicherheitsbeamter, einen "Sicherheitsstreifen" insbesondere im Norden des Palästinensergebiets einzurichten, der einen Puffer zwischen dem Gazastreifen und den angrenzenden Ortschaften in Israel bilden würde.
Katz erklärte weiter, die Kämpfe würden in der Luft, am Boden und auf See intensiviert und die Bodenoffensive würde ausgeweitet werden, bis alle Geiseln frei seien und die Hamas besiegt sei. Dafür würden alle "militärischen und zivilen Druckmittel" eingesetzt.
Indes forderten Deutschland, Frankreich und Großbritannien am Freitag die "sofortige Rückkehr zur Waffenruhe". "Die Wiederaufnahme der israelischen Angriffe in Gaza bedeuten einen dramatischen Rückschritt für die Menschen in Gaza, die Geiseln, deren Familien und die gesamte Region", heißt es in einer gemeinsamen auf Englisch verfassten Erklärung der Außenministerien in Berlin, Paris und London.
Die drei Länder riefen die beteiligten Parteien dazu auf, die Verhandlungen wieder aufzunehmen, "um sicherzustellen, dass die Waffenruhe vollständig umgesetzt wird und dauerhaft wird. Zudem muss die Hamas die Geiseln freilassen, die sie auf grausame Art und Weise festhält und deren Freilassung sie beharrlich verweigert".
Die erste Phase der seit dem 19. Januar geltenden Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas war am 1. März ausgelaufen, eine Einigung über die zweite Phase konnte trotz intensiver Bemühungen der Vermittler USA, Ägypten und Katar bisher nicht erzielt werden. In der ersten Phase hatte die radikalislamische Hamas 33 von ihr als Geiseln verschleppte Menschen an Israel zurückgegeben, darunter acht Leichen. 58 Geiseln befinden sich noch in Gefangenschaft im Gazastreifen. 34 dieser Geiseln sind nach Angaben der israelischen Armee tot.
Wie die Nachrichtenagentur AFP am Freitag aus palästinensischen Verhandlungskreisen erfuhr, liegt der Hamas ein von Ägypten und Katar erarbeiteter Vorschlag zur Wiederherstellung der Waffenruhe und dem Austausch von Gefangenen vor. Dabei gehe es auch um humanitäre Hilfe für den Gazastreifen. Israel hatte Anfang März eine Blockade von Hilfslieferungen in das Palästinensergebiet verkündet.
Seit der Wiederaufnahme der massiven Angriffe durch Israel wurden nach Angaben der Zivilschutzbehörde im Hamas-geführten Gazastreifen mehr als 500 Menschen getötet. Zahlreiche Bewohnerinnen und Bewohner des Gebiets wurden erneut vertrieben.
Die israelische Armee griff am Freitag nach eigenen Angaben ein von der radikalislamischen Hamas genutztes früheres Krankenhaus im Gazastreifen an. Das Gebäude im Zentrum des Gazastreifens sei schon seit "mehr als einem Jahr" nicht mehr als Krankenhaus genutzt worden.
Das türkische Außenministerium hingegen warf Israel einen "gezielten" Angriff vor. Ankara verurteilte "die Zerstörung des Krankenhauses der türkisch-palästinensischen Freundschaft durch Israel". Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministerium im Gazastreifens handelte es sich um das "einzige Krankenhaus zur Behandlung von Krebspatienten im Gazastreifen".
Weiter erklärte die israelische Armee am Freitag, am Vortag den Chef des militärischen Geheimdienstes der Hamas für den Süden des Gazastreifens getötet zu haben.
Zudem habe die Armee erneut eine aus dem Jemen abgefeuerte Rakete abgewehrt. Das Geschoss sei von den Streitkräften abgefangen worden, bevor es israelisches Staatsgebiet erreicht habe, erklärte die israelische Armee am Freitagabend. AFP-Reporter hörten Sirenen in Jerusalem. Diese ertönten auch in vielen Orten in Zentralisrael. Bereits am Donnerstag hatte Israel Raketenbeschuss aus dem Jemen gemeldet.
Die jemenitische Huthi-Miliz erklärte am Samstag, sie habe den Ben-Gurion-Flughafen bei Tel Aviv mit einer ballistischen Rakete angegriffen. Der israelische Luftraum werde unsicher bleiben, "bis die Aggression gegen Gaza aufhört", teilten die Huthis weiter mit.
Die vom Iran finanzierte Miliz hat seit Beginn des Krieges im Gazastreifen immer wieder Schiffe im Roten Meer und im Golf von Aden sowie Ziele in Israel mit Drohnen und Raketen angegriffen - nach eigenen Angaben "aus Solidarität mit den Palästinensern" im Gazastreifen.
P.T.Bartels--BlnAP